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 europäische Parteienfamilie, die bei der Europawahl die meisten Stimmen bekommen hat.
Welche Mehrheiten im Parlament organisiert werden können, hat ent- scheidenden Einfluss auf neue EU-Ge- setze. Allerdings: Die meisten Gesetze werden zusammen mit den EU-Staaten verhandelt und müssen auch im Rat der Europäischen Union eine Mehrheit finden. Dort entscheiden Vertreter der jeweiligen nationalen Regierungen. Grundsätzlich ist die Gesetzgebung auf EU-Ebene eher auf Kompromissfin- dung mit teils wechselnden Mehr- heiten ausgelegt. Die beschlossenen Gesetze haben es aber in sich, denn europäisches Recht hat Vorrang gegenüber dem nationalen Recht.
Im Vorfeld der Europawahl hat die „Eurogroup for Animals“ – Gründungs- mitglied ist der Deutsche Tierschutz- bund – einen eigenen EU-Kommissar für Tierschutz gefordert sowie die Ein- führung einer Positivliste für Heim- tiere. Die European Pet Organization (EPO) und der Zentralverband Zoolo- gischer Fachbetriebe Deutschlands (ZZF) halten demgegenüber eine Positivliste für Heimtiere für gänzlich ungeeignet und lehnen diese ebenso wie ein Haltungsverbot sogenannter exotischer Arten strikt ab. Befürwortet werden demgegenüber Maßnahmen zur Verbesserung der Sachkunde von Heimtierhaltern, die Etablierung von nachvollziehbaren und rechtsverbind- lichen Kriterien für die Einstufung sogenannter Qualzuchtmerkmale sowie klare Beschränkungen beim Online-Handel mit Heimtieren.
Zum Redaktionsschluss vor der Wahl wurde nach Wahlumfragen euro- paweit mit einem Zuwachs vor allem bei den rechtsextremen und ultrakon- servativen Parteien gerechnet, aber auch bei den linksextremen Parteien. In Deutschland treten 35 Parteien und sonstige politische Vereinigungen an. Anders als in den meisten anderen EU- Ländern gibt es in Deutschland keine Sperrklausel. Das heißt, sobald eine Partei rund einen Prozentpunkt bekommt, kann sie mit einem Sitz im Parlament rechnen.
zza. 6/2024
Der zza hat die Wahlprogramme von neun Parteien unter die Lupe genom- men, die nach Wahlumfragen zwischen rund 30 und zwei Prozent der Stim- men auf sich vereinen. Geschaut wurde nach Forderungen zur Haltung, zum Handel oder zum Schutz von Heimtieren. Im Folgenden finden Sie Auszüge aus den Programmen der Parteien.
CDU/CSU: Keine relevanten Aussagen zu Heimtieren.
SPD: „Tierleid ist nicht zu rechtfer - tigen, insbesondere nicht aus wirt- schaftlichem Interesse. Acht Stunden Transport von Lebendtieren muss das Maximum sein, das in der EU erlaubt ist. Zudem brauchen wir ein Verbot von Lebendtiertransporten in Drittstaaten, wo die Einhaltung der Tierschutzge- setzgebung nicht gewährleistet werden kann. Ebenso setzen wir uns weiter für die Sicherung des Tierwohls von Wild- tieren und Haustieren ein.“
Bündnis 90/Die Grünen: „Wir wollen, dass die EU alle Tiere durch konse- quente und ambitionierte Gesetz- gebung sowie die Durchsetzung bestehender Regelungen schützt. Wir machen uns für Tierschutz als EU- Gemeinschaftsziel, eine explizite politi- sche Tierschutzzuständigkeit in der EU-Kommission und EU-Fördergelder für Tierschutz stark.
Tierheime wollen wir unter anderem entlasten durch die Kennzeichnung und Registrierung von Hunden und Katzen sowie eine Positivliste für den Handel und die Haltung von Exoten. In Handelsabkommen setzen wir uns für hohe Tierschutzstandards ein. Wir wol- len Tierschutz zu einem Ziel der nach- haltigen Entwicklung machen.
Wir setzen uns für eine konsequente Umsetzung des EU-Aktionsplans zur Bekämpfung des illegalen Artenhan- dels ein. Internationale Artenschutzab- kommen, insbesondere Cites und alle seine Anhänge, sind konsequent in der EU umzusetzen. Den kommerziellen Wildtierhandel wollen wir effektiv un- terbinden. Dabei sollen gezielte For- schungs- und Artenschutzprogramme wissenschaftlicher Einrichtungen und sachkundiger Personen zu nicht kom-
merziellen Zwecken hauptsächlich mit dem Ziel der Auswilderung ermöglicht und die Haltung der Tiere verbessert werden. Der Import und Handel von illegal aus dem Herkunftsland expor- tierten Exemplaren soll unter Strafe gestellt werden.
FDP: „Wir wollen nicht, dass niedrige Tierschutzstandards zu einem Wettbe- werbsvorteil führen. Deshalb brauchen wir europaweite Mindeststandards für den Tierschutz, die kleinere und mitt- lere Betriebe nicht überfordern.“
AfD: „Wir bekennen uns zur Tier- haltung in Deutschland. Die AfD steht dabei für eine konsequente Umsetzung der Tierschutzgesetze im Sinne unserer Verantwortung für Tiere als fühlende Mitgeschöpfe! Wir setzen uns für eine Transportwegbe- schränkung von Lebendtieren ein, die sechs Stunden nicht überschreiten darf. Zu Zwecken der Züchtung muss der Transport von Lebendtieren zu de- finierten Bedingungen unter strikter veterinärmedizinischer Kontrolle durch zertifizierte Unternehmen möglich sein.“
BSW: Keine relevanten Aussagen zu Heimtieren.
Die Linke: „Die Linke steht für einen grundlegenden Wandel des Zusammen - lebens von Menschen und Tieren. Wir wollen Tiere nicht als Dinge verstanden wissen und nicht als Mittel zum Profit. Tiere sind fühlende Wesen, und so müs- sen wir sie auch behandeln. Die Linke setzt sich auch auf der europäischen Ebene für konsequenten Tier- und Artenschutz ein. Tierschutz muss unab- hängig von Profitinteressen durch- gesetzt werden. Wir wollen, dass Tierschutz EU-Gemeinschaftsziel wird. Das ist wichtig, damit arme Kommunen Fördergelder bekommen können. In einer zukünftigen europäischen Verfas- sung sollen die Rechte von Tieren verankert werden.
Der Handel mit Tieren (insbeson- dere im Internet) muss streng reguliert werden. Die Haltungsstandards in Zoos, im Gewerbe und in Haushalten müssen an die Grundbedürfnisse der jeweiligen Tiere angepasst werden. Soziale Tiere sollen nur noch in Aus-
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