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 80 BETRIEB + §§§
              Tierheimmitarbeiter
nehmen Katze mit
Das Amtsgericht Hanau hatte sich mit einem
eher ungewöhnlichen Fall zu befassen: Ein Tier-
heim hatte ein Tier vermittelt und erkundigte sich
nach einem knappen Jahr nach Details seiner Le- bensumstände und seines Zustandes. Da die Auskunft der neuen Halterin offenbar nicht befriedigend war, erschienen keine halbe Stunde später zwei Personen bei ihr mit folgenden Aussagen: „Wir kommen vom Tier- heim“ und „wir nehmen das Tier jetzt mit“. Die Personen jagten das Tier – hier ging es um eine Katze – dann so lange durch die Wohnung, bis sie es schließlich zu fassen bekamen. Sie nahmen es gegen den Widerspruch der Halterin mit.
Es ist nicht wirklich überraschend, dass diese vor Gericht erfolgreich war: Nachdem sie das Tier noch während des gerichtlichen Verfahrens zurückerhalten hatte, wurden dem Tierheim die Kosten auferlegt. Das Gericht stellte klar, dass etwaige Ansprüche aus einem Tierüberlassungsvertrag erforderlichenfalls gerichtlich durchzusetzen seien, aber unter keinen Umständen durch eine eigenmächtige Wegnahme, wie hier gesche- hen. Das Handeln der Tierheimmitarbeiter sei als verbo- tene Eigenmacht widerrechtlich.
Tierärzlicher Behandlungsfehler?
Das Landgericht Koblenz hatte über die Frage zu entscheiden ob Tierärzte gegen- über dem Patientenbesitzer in der Haftung sind, wenn sie eine zu erwartende Mehrlingsgeburt, die noch innerhalb der Trächtigkeit hätte reduziert werden
müssen, übersehen.
Die Eigentümerin eines Pferdes, dessen zwei Fohlen
tot geboren wurden, verlangte Schadensersatz im Wert des einen Fohlens, das hätte gerettet werden können, sowie für eine aufgrund der Fehlgeburt unmöglich gewordene Besamung der Stute im Folgejahr.
Das Gericht hielt zunächst fest, dass das Nichterken- nen und Ausschließen einer Zwillingsträchtigkeit tatsächlich als tierärztlicher Behandlungsfehler einzu- stufen sei. Hier hatten die Tierärzte allerdings nach zwei durchgeführten Untersuchungen eine dritte Untersu- chung zur Abklärung einer etwaigen Zwillingsträchtig- keit angeraten, die die Eigentümerin des Pferdes jedoch nicht durchführen ließ. Den Tierärzten war ein Fahrläs- sigkeitsvorwurf daher nicht zu machen; ihre Widerklage auf Zahlung ihres Honorars war erfolgreich.
              Sofortige Notveräußerung und Haltungsverbot
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hatte sich mit dem Begriff der „erheblichen Vernachlässi- gung“ von Tieren zu befassen sowie mit den Anforde- rungen an die Anordnung einer Notveräußerung. Hier ging es um eine Fortnahme von Tieren und die Anordnung dahingehend, diese anderweitig pfleglich unterzubringen. Dies war verbunden mit einem Tier- haltungs- und Betreuungsverbot und der Anordnung der Notveräußerung.
Der ehemalige Tierhalter versuchte sodann, sich darauf zu berufen, dass vor der Anordnung eines umfassenden Tierhaltungs- und Betreuungsverbotes mildere Mittel hätten ergriffen werden müssen. Damit war er vor allem deshalb erfolglos, weil die Behörde schon vorher zahlreiche einzelne Anordnungen zur Sicherung des Tierwohls getroffen hatte, ohne dass diese befolgt worden wären. Die Tiere seien erheblich vernachlässigt; das sei dann anzunehmen, wenn die konkreten Tierhaltungsbedingungen erheblich hinter den vom Tierschutzgesetz und von gegebenenfalls vorhandenen konkretisierenden Bestimmungen zurück- bleibe.
Damit sei das Tierhaltungs- und Betreuungsverbot das letzte Mittel, künftige Verstöße gegen tierschutz- rechtliche Vorschriften zu verhindern. Sämtliche Tierar- ten seien über einen längeren Zeitraum unzureichend gehalten worden; dies lasse den Schluss zu, dass der Tierhalter nicht bereit oder aber nicht in der Lage sei, tiergerechte Zustände zu schaffen.
Der Antragsteller könne auch seiner beruflichen Tätigkeit als Huftechniker weiter nachgehen: Hierzu sei es nicht nötig, die Tiere „in Obhut zu nehmen“, sondern es sei nur ein kurzfristiger Kontakt in Gegenwart anderer Betreuungspersonen notwendig.
Auch gegen die Veräußerungsanordnung bezüglich der im Eigentum des Klägers stehenden Tiere hatte das Gerichts nichts einzuwenden: Insbesondere sei hier eine Fristsetzung entbehrlich, da gleichzeitig das Haltungs- und Betreuungsverbot erlassen worden sei. Damit sei es unnötig, eine Frist zu setzen, um die Tiere eigenhändig veräußern zu können. Der Kläger könne weiterhin Interessenten an die Behörde verweisen und auch dann komme der Erlös der Veräußerung letzten Endes
ihm zugute.
Dietrich Rössel
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